Page 26 - Vorrang Menschlichkeit 2-2021
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14  TESTAMENT

















                    Eine Kundin, die



                          uns über ihren


                          Tod hinaus die



                                        Treue hielt










                ie 1926 geborene Stenotypis-  endlich im zerbombten Wien ankam.
                tin Amalia W. hielt ihr Leben   Bei dieser Gelegenheit nahmen sich
         Dlang, was sie versprach. Ihr       die beiden vor, dem Roten Kreuz in
          21-jähriger Jugendfreund Georg P.   ihrem Leben das zurückzugeben, das
          kehrte im Jahr 1944 schwerkriegs-  Georg von kriegsdienstverpflichte-
          beschädigt aus dem Krieg zurück.   ten Rotkreuz-Schwestern geschenkt                    Robert Horacek,
                                                                                                  stellvertretender
          Der inzwischen als Installateur bei   bekam: Die Hoffnung auf ein lebens-               Landesgeschäftsleiter
          der Gemeinde beschäftige Mann und   wertes Dasein.                                      des Wiener
                                                                                                  Roten Kreuzes, ist
          Amalia heirateten 1953.  Sie inves-                                                     unter anderem
          tierten in die Renovierung einer für  Gut vorgesorgt – gut betreut                      auch für
                                                                                                  Testamentsfragen
          sie leistbaren Substandardwoh-     Die Jahrzehnte der Berufsarbeit                      zuständig.
          nung viel Geld und Kraft. Zwei Kin-  zogen am Ehepaar P. wie im Flug vor-
          der standen auf der Wunschliste    bei. Doch Georgs und Amalias Treue-
          des Paares – aber leider blieb dieser   versprechen gegenüber dem Roten   „Visitas-Betreuungsangebot“  gut
          Traum unerfüllt. Sie lebten sparsam    Kreuz blieb aufrecht. Wie Amalia vor   Bescheid und nützten dies bei Bedarf
          und waren für ihre sicheren Arbeits-  wenigen Jahren ihrer Visitas-Be-  regelmäßig.
          plätze sehr dankbar.               treuerin erzählte, konnte  sie sich
                                             noch an ihre erste Bestätigung erin-  Vor anderthalb Jahrzehnten führten
          Georg  machten  die  in  seiner  Lunge   nern, die sie und Georg als unterstüt-  Amalia und Georg P. ein Beratungs-
          verkapselten Granatsplitter nur bei   zende  Mitglieder  des  Wiener Roten   gespräch mit Robert Horacek, dem
          Wetterumschwüngen zu schaffen. An   Kreuzes in den frühen Sechzigerjah-  stellvertretenden Landesgeschäfts-
          einem solchen Tag erzählt er seiner   ren in ihrem Briefkasten hatten.   leiter des Wiener Roten Kreuzes, der
          Frau von  der einfühlsamen  Betreu-                                    auch für Testamentsfragen zuständig
          ung, die ihm Rotkreuz-Schwestern   Als Pensionistenpaar nahmen sie     ist. Dem umsichtigen Ehepaar, das
          in  den  Zügen,  Lazaretten  und  Spi-  an etlichen WRK-Veranstaltun-  schon vor Jahrzehnten durch eine
          tälern zuteilwerden ließen,  bis er   gen teil, wussten über alle Dienste   seriöse Versicherung die finanziellen
          mehr tot als lebend aus Russland   wie den „Speisenzusteller“ oder das   Voraussetzungen für eine würdige
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