Page 15 - Vorrang Menschlichkeit 1-2021_Online
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FH-PROF� DR� CHRISTOPH REDELSTEINER 15
Vom Tablett zum Tablet
Warum scheuen sich manche Ältere davor, Smartphone, Tablet oder
Computer zu nutzen? Teilweise haben diese Geräte ein schlechtes Image,
‚die Jungen hängen immer am Smartphone‘ wird gesagt. Was für die
einen eine manchmal unpassende Ablenkung ist, kann für andere ein
passendes Werkzeug für den Lebensalltag sein.
iele Angebote aus öffentli- Angeboten entstehen, um den digi- gäbe, die andere SeniorInnen anlei-
chen Bereichen und Behör- talen Alltag noch attraktiver und ten. Es braucht aber auch Geduld mit
Vden werden überwiegend nützlicher zu gestalten? sich selbst. Es ist eine Kulturtechnik,
online angeboten. Was bedeutet Es braucht für viele ältere Menschen deren erste Schritte, wie WhatsApp
das für Menschen ohne Computer- „Brückenpersonen“, also unmittel- Nachrichten und Fotos austauschen,
Zugang? Daraus ergibt sich die bar verfügbare Menschen, die beim einfach erlernt werden. Nicht zu viel
Gefahr, von Informationen oder Erlernen der neuen Technologie hel- Ehrgeiz - auch Profis können nicht
Online-Angeboten ausgeschlossen fen. Oft ist die Kinder- oder Enkelge- alles. Wenn ein Gerät an Eltern oder
zu werden oder von der Hilfsbereit- neration ideal. Gute Beispiele wären Großeltern verschenkt wird, denken
schaft anderer Menschen abhängig auch Jugendgruppen, Jugendrot- Sie daran, schon ein paar hübsche
zu sein: ob es nun das günstigere kreuz oder lokale Schulen, die einen Bilder oder Videos der Familie da-
Zugsticket ist, Steueranträge, ärzt- „Smartphone-Unterricht“ anbieten. rauf zu speichern, um einen positi-
liche Terminvereinbarung, Bank- Seniorenrunden von Vereinen oder ven Bezug herzustellen. Und gleich
dienste und vieles mehr. Religionsgemeinschaften sollten da über Messengerdienste mit Personen
aktiv begleiten und bieten auch viele verknüpfen, die vielleicht weiter weg
Ohne Computer zu sein, das bedeutet Informationen oder Problemlösun- wohnen, wie z.B. SchulfreundInnen
mehr Vorlaufzeit: Wie komme ich an gen („Wenn das Kastl hängt“) schon die im Ausland leben. So kann das
einen Papierausdruck? Man braucht über diese Kanäle. Volkshochschu- soziale Miteinander aufgefrischt und
den Postweg mit den entsprechen- len sind ebenfalls schon aktiv. Aber gestärkt werden. Und macht Lust auf
den (Einschreib-)Gebühren sowie auch Pflege- und Sozialberufe mehr.
eine Formularkopie. Die analoge Welt und ÄrztInnen müssen in der
kommuniziert da mit einer digita- Anleitung von SeniorInnen bei
len Welt. Man spricht nicht mehr die der Benützung dieser Medien
gemeinsame Sprache, das kann zu mit aktiv sein, und auch über
Verwirrungen, Verzögerungen und diese Medien mit ihnen struk-
Fehlinformationen führen. turiert kommunizieren.
Was sollte jemand, der ohne Fami- Was braucht es, um
lienangehörige die sozialen Netz- noch mehr Ältere
werke benutzt, besonders beachten? für die Nutzung von
Wie auch beim persönlichen Umgang Whatsapp und Co. zu FH-Prof. Dr. Christoph Redelsteiner
gibt man nicht private Details oder begeistern?
persönliche Daten an unbekannte Einen guten digitalen FH-Prof. Dr. Christoph Redelsteiner ist
Personen weiter. Im Zweifelsfall Netzausbau, insbe- Notfallsanitäter, Sozialarbeiter und
sollte eine Vertrauensperson um Rat sondere auch leistbare Gesundheitswissenschaftler. Er leitet den
gefragt werden und es sollten nie- (Tarif-) Modelle für Masterstudiengang Sozialarbeit an der
mals heikle Informationen preisge- Menschen mit weni- Fachhochschule St. Pölten und forscht in den
geben werden. ger Einkommen. Ideal Bereichen Krisenintervention und Sozial- und
wäre, wenn es schon Gesundheitsversorgung.
Was muss an Infrastruktur und genügend SeniorInnen